Am 24. Februar fanden die mitteldeutschen Meisterschaften der Altersklasse U17 im thüringischen Schmölln statt. Hier kämpften die jeweils besten 4 der Landemeisterschaften in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen um die begehrten Tickets für die Deutschen Meisterschaften. Vivien Haupt hatte sich mit einem 3.Platz bei der LEM 3 Wochen zuvor als einzige Weixdorferin für dieses Turnier qualifiziert. Mit Mama und Papa im Schlepptau oder besser gesagt als Fahrer, Kameramann und moralische Unterstützung reisten wir am Samstag Früh in Schmöll an. Die Vorleistungen bei der BEM und LEM waren auf Grund der geringen Teilnehmerzahl nur schwer zu beurteilen. Als jüngster Jahrgang der U17 und vorraussichtlich am niedrig graduierteste Teilnehmerin waren die Erwartungen nicht besonders hoch. Der olympische Gedanke zählt: Dabei sein ist alles!
Ersteinmal erwärmen. Allein auf der Matte ist es recht trist. Da ich gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe der Zeit war, erbarmte sich Papa und leistete Vivien beim Warmlaufen und Dehnen Gesellschaft. Zum einwerfen kam ich dann ins Spiel… Vivien war hochmotiviert und brachte mich beim letzten Üben einer Würge ersteinmal zum Husten und Heulen … Aber es sollte nicht umsonst gewesen sein…
Nun wurden die Listen ausgehangen… Alle bis auf die Liste der -44kg. Wir warteten und warteten… nichts. Bis Moni die Veranstalter auf die fehlende Liste aufmerksam machte. Die -40kg und -48kg waren sehr spärlich besetzt, in Viviens Gewichtsklasse tummelten sich jedoch ganze 10 Teilnehmer. Vivien gehörte zu den Kämpfern ohne Freilos… aber zum Kämpfen waren wir ja gekommen…
Im 1. Kampf stand sie der ziemlich großen Orange-Grün-Gurtin Uselmann (Schmölln) gegenüber. Vivien dominierte im Griff und ging gleich in der ersten Kampfminute mit einem Waza-Ari für O-uchi-gari in Führung. Im Verlauf des Kampfes lies Vivien im Griff nach, so dass die Schmöllnerin immer öfter zum Zug kam und gefährlich Hüfttechniken ansetzte. Vivien konnte sich fast immer retten, musste aber einen Yuko gegen sich hinnehmen. In der letzten Kampfminute wurde die Orange-Grün-Gurtin immer wütender und gefährlicher. Eine Halbe Minute vor Kampfende zog sie Vivien dann auch noch brutal an den Haaren. Gut sichtbar für den Kampfrichter, der aber wiedermal nix gemerkt hat. Vivien zieht die unsportlichen Kämpfer irgendwie magisch an… Ich sah die MDEM der U14 vor einem halben Jahr Revue passieren und befürchtete, dass er Schock über diese unfaire Kampfweise und der Schmerz Vivien in den letzten 30 Sekunden noch den Sieg kosten könnten. Doch sie rettete ihren Vorsprung über die Zeit. Der Anfang war gemacht!
Nun stand die Braungurtin Svea Schwäbe vom JC Leipzig auf dem Programm. Das war die Europameisterschafts-Dritte und Deutsche Meisterin des letzten Jahres. Das verriet ich natürlich niemandem. Vivien griff beherzt an, versuchte eine Fege und wurde lupenrein mit einem wunderschönen Uchi-Mata geworfen. Als ich ihr verriet gegen wen sie da gerade kämpfen „durfte“ war das Staunen und die Freude groß. Von Enttäuschung keine Spur.
Sie hatte nun ein recht gutes Los in der Trostrunde erwischt. Im 3. Kampf stand die der einzigen Teilnehmerin aus Sachsen-Anhalt (Haak, Havelberg, orange-grün) gegenüber. Eine machbare Aufgabe. Gewohnt kontrollierte sie ihre Gegenerin mit ihrem starken Griff und ging mit einem Koka in Führung. Dann kam es im Boden zu Gerangel. Ich rief vom Rand herein, dass sie die vorhin geübte Würge (Kata-te-jime/Koshi-Jime) ansetzen soll. Sie tat es. Moritz und ich schrien uns die Seele aus dem Leib „Zieh! zieh!“. Die Würge saß astrein und die Gegnerin wurde schon rot. Da lies Vivien los. Setzte kurz danach aber nochmal an. Die Gegnerin klopfte ab! Und Vivien war selbst über ihren ersten Sieg durch Würge verblüfft.
Im 4. Kampf stand sie wieder einmal der Riesaerin Sorgatz (grün) gegenüber. Eigentlich auch eine machbare Aufgabe. Jedoch hatte Viven sowohl bei der Bezirks- als auch bei der Landesmeisterschaft gegen sie verloren. Doch heute war sie fällig! Nach einer kleinen Wertung für einen runtergeknietschten Hüftwurf nahm sie sie in die Festhalte und hielt sie 25 Sekunden. Vivien hatte sich nun so richtig eingekämpft und in den Wettkampf gefunden. Nun war alles möglich.
Der letzte Kampf: um Platz 3! Und so mit auch um die Qualifikation zu den Deutschen Meisterschaften. Ihre Gegenrin war die Sonneberger Blaugurtin Popp. Wir hatten sie zuvor schon beobachtet und als machbar eingestuft. Doch gegen eine Blaugurtin muss man ja auch erstmal gewinnen, auch wenn sie schwächer als die vorhergehende Grüngurtin einzuschätzen war. Vivien kontrollierte die Gegnerin mit ihrem scheinbar harmlosen Griff erneut und konnte sie wie im Kampf zuvor in den Boden zwingen und in die Festhalte nehmen. Sie hielt sie bombenfest in der Kesa-Gatame. Doch uns schlotterten am Rand die Knie! Es bestand jedoch keine Gefahr. Problemos überstand Vivien die 25 Sekunden und erkämpfte sich als jüngste und niedrig graduierteste Starterin mehr als verdient den 3. Platz und ist somit die 4. Kämpferin der SG Weixdorf, die sich für Deutsche Meisterschaften qualifizieren konnte!
Und nun noch ein paar Randbemerkungen:
- Es gab eine wunderschöne riesengroße und schwere Bronze-Medaillen, die am Wettkampftag an Viviens Hals festegwachsen war – so wie auch das Honigkuchpferd-Grinsen in ihrem Gesicht.
- Auf dem Treppchen standen außer Vivien nur Leistungssportler und Kaderathleten aus Weimar bzw. Leipzig.
- Vivien hatte auf Grund des Loses sowohl in der Haupt- als auch in der Trostrunde kein Freilos und war somit die einzige ihrer Gewichtsklasse, die 5 Kämpfe absolvieren musste.
Und nun noch das Wichtigste:
Die Deutschen Meisterschaften der Frauen U17 finden am 4. März in Rüsselsheim statt und Weixdorf ist dabei!!!! Natürlich steht der olympische Gedanken im Vordergrund – eine Platzierung ist kaum zu erwarten. Jedoch wird Viven auf jeden Fall zweimal kämpfen dürfen. Schon ein guter Kampf über 1 oder 2 Minuten, selbst wenn man verliert, ist dann ein gutes Ergebnis. Und vielleicht kann sie ja doch die ein oder andere hochgraduierte Kämpferin ärgern und ihr wenigstens das Leben ein bißchen schwer machen. In jedem Fall ist so eine Deutsche Meisterschaft eine einmaliges Erlebnis.
Der Wettkampfverlauf wird aller Wahrscheinlichkeit unter www.german-judo.de live zu verfolgen sein.