Studienfahrt nach Oświęcim/Polen

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Am Pfingstfreitag ging es wieder auf Pfingstfreizeit. In diesem Jahr seit langem mal wieder nicht nach Theresienstadt (CZ) sondern nach Oświęcim (Polen), den meisten sicher besser als Auschwitz bekannt.

Bereits am ersten Tag wurde uns nahegelegt dass die heutige Stadt Oświęcim im Denken der Einwohner wie auch aller Polen nichts mit dem Konzentrationslager Auschwitz zu tun hat und wir das beherzigen sollten. Man konnte also getrost auch eine gute Zeit in Oświęcim verbringen. „Eine gute Zeit in Auschwitz“ hat dagegen immer einen herben Beigeschmack.

Am Freitag morgen trafen sich also Viola und Moni Haupt, Daniela Thalheim, Julia Nossol, Wanda Schöne, Diana Menzel, Maria Weidner, Jasmin Quandt, Tasmin Hirschfeld, Andrea, Lara und Georg Seeger nebst japanischer Austauschschülerin, Oskar Feldmann, Maximilian Lutoschka, Robert Brodersen, Marc Merbitz, Martin Weiher, Robert Junghans, Sandro Kabus und Maks Sieger auf dem Sportplatz in Weixdorf, beluden Autos und fuhren wie immer eine Stunde später als geplant im strahlenden Sonnenschein auf die A4. Flugmodus „An“ und ab Richtung Osten. Da die A4 anders als bei der letzten Auschwitz-Studienfahrt vor 13 Jahren inzwischen bis nach Krakau führt verlief die Reise unkompliziert und schnell. Gegen 15:00 waren wir da und hatten uns nicht mal groß verfahren.

In der internationalen Jugendbegegnungsstätte (IJBS) schlugen wir auf der Zeltwiese unser Lager auf und wurden vom Freiwilligendienstler Francois aus Freiburg begrüßt. Dieser war uns von einer Stiftung zur Förderung der deutsch-polnischen Freundschaft fürs Wochenende an die Seite gestellt und gab uns eine kurze Stadtführung durch Oświęcim und erzählte ein paar Dinge zur Stadtgeschichte, polnisch-jüdischen Vergangenheit und gab uns anschließend im jüdischen Museum ab. Hier übernahm uns Dominic aus Österreich, der nächste Freiwillige. Er erläuterte uns die Eckpunkte der jüdischen Kultur und wir durften unter anderem Kippa tragen (wenn man männlich war), in ein Horn blasen (Georg hat auch Töne rausgeholt) und es stellte sich heraus dass doch einiges über die Bräuche und Sitten der Juden bekannt war. Äußerst interessant war die Erwähnung der Tatsache dass es seit dem Tod des letzten Gläubigen 200X keine ansäßigen Juden mehr in Oświęcim gibt und auch jüdische Jugendgruppen die Übernachtung auf dem „Friedhof“ ablehnen. (In einem weiteren Gespräch erfuhren wir auch dass ein Besuch in Auschwitz für alle 10. Klassen in Israel obligatorisch ist.)

Danach gingen wir zurück zur IJBS, aßen Abendbrot und nutzen anschließend Tischtennisplatte und Tischkicker und spielten kleine Spiele bevor es ins Bett ging.

 

Der Samstag begann mit dem Frühstück 8:00. Geplant war dass wir 9:00 von Francois abgeholt wurden, der plötzlich 8:20 am Tisch stand und meinte wir müssten in 5 Minuten los… Wir entschieden statt den Füßen die Räder zur Gedenkstätte zu nehmen und kamen mit kleiner Verspätung im Konzentrationslager Auschwitz I an, wo uns Eva durch das Gelände führte und über die Errichtung der verschiedenen Lager, die dort begangenen Verbrechen und tragische Einzelschicksale referierte. Die Führung dauerte 4 Stunden und schlauchte doch seelisch und körperlich, sodass alle froh über die Mittagspause waren.

Am Nachmittag gingen wir nochmals zu Fuß in dasselbe Lager um uns ohne Eva kleinere Ausstellungen der verschiedenen Länder unter Naziherrschaft anzusehen.

Danach gingen wir wieder zu erfreulicheren Angelegenheiten über: Spiel, Spaß und Lagerfeuer! Während einige sich mit Roland und den Limbachern auf dem Court tummelten, gingen andere in den Wald um totes Holz zu suchen. Bei Einbruch der Nacht trafen sich alle am Lagerfeuer wieder, tranken Wein und brachen den Knüppelkuchen.

 

Am Sonntag sollte es nach Krakau gehen. Wie immer am Pfingstsonntag dauerte das in die Gänge kommen etwas länger und kurz vor 10 waren wir dann endlich auf dem Weg. Die Parkplatzsuche erwies sich halb mittelschwer und nach einem kleinen Fußmarsch durch den Hauptbahnhof und an der Krakauer Altmarktgalerie vorbei, befanden wir uns im historischen Zentrum. Der alte Marktplatz war Start und Ziel aller Splittergruppen die sich zum (relativ erfolglosen) Shoppen und Sightseeing aufmachten. Die meisten begaben sich erstmal auf den Burgberg Wawel, wo unter anderem die Gebeine (ohne Organe!) von August dem Starken – König von Polen – ruhen und zahlreiche weitere polnische Persönlichkeiten beerdigt sind. Von einem der Türme hatte man eine schöne Aussicht über die Altstadt und die beiden Weichselufer, die an diesem warmen Sommertag den Elbwiesen äußerst ähnlich waren. Ein weiterer Anlaufpunkt war der Stadtteil Kazimierz, das ehemalige jüdische Viertel. Kurz nach 3 trafen wir uns auf dem Marktplatz wieder und konnten auch den Trompeter auf dem Nordturm lauschen. Dazu Wikipedia:

„Im Nordturm befindet sich auf etwa 54 m die Bläserstube. Seit dem 14. Jahrhundert läutet ein Feuerwehrmann zu jeder vollen Stunde die Stundenglocke von Hand und spielt das Krakauer Trompetensignal „Hejnał“ in alle vier Himmelsrichtungen. Es bricht mitten im Spiel ab und soll damit an den Mongolenangriff 1241 erinnern, bei dem der damalige Trompeter während des Blasens des Alarmsignals von einem Tartarenpfeil getötet worden sei – so die Legende.“

Danach machten wir uns auf den Rückweg, der aufgrund verschiedenster Gründe (Pullern, Trödeln, wieder Pullern, nochmal Trödeln, krankhafte Blasenschwäche und Pinkelpause) mindestens dreimal so lange wie der Hinweg dauerte.

 

Am Montag stand der Besuch von Auschwitz II Birkenau (, es gibt auch Auschwitz III Monowitz) auf dem Programm. Wieder mit leichter Verspätung – wo ist ein Freiwilligendienstler wenn man mal einen braucht? – kamen wir im Konzentrations- und Arbeitslager an und wurden von Eva durch die einzelnen Sektoren A bis G (Männer, Frauen, Zigeuener, Kinder), Barracken (3 Sanitärbarracken für 19 Wohnbarracken mit jeweils knapp 800 Bewohnern) und auch zu den Kanada-Barracken und den Gaskammern und Krematorien geführt. Es war eigentlich unvorstellbar dass in der aktiven Zeit als Arbeitslager bis zu 90.000 Menschen auf dieser kleinen Fläche „gelebt“ hatten. Die sanitären Zustände waren abartig, Essen und auch Wasser Mangelware und das zu erduldende Leid unsäglich.

Eva erzählte uns Geschichten von grausamen Aufsehern zu denen nicht nur SS-Männer sondern auch „Capos“ („Oberhäupter“) aus der Häftlingsschar zählten, die für wenige Privilegien ähnlich grausam agierten. Es gab aber auch Vorarbeiter und Einzelpersonen die sich unter Gefahr für ihr eigenes Leben für ihre Mithäftlinge einsetzten. Eine Frau arbeitete in den sogenannten Kanada-Barracken, wo die Häftlinge nach ihrer Ankunft alle Gegenstände von Wert, Kleidung, Haushaltswaren, etc. abgeben mussten und wo alle Gegenstände sortiert wurden. Da in diesen Barracken alles reichlich vorhanden war und sich die Häftlinge Kanada als das Land ihrer Träume ausmalten, wurden die Häuser Kanada-Barracken genannt. Diese Frau ging jeden Tag in alten, löchrigen Schuhen zu ihrer Arbeit und am Abend mit neuen Schuhen nach Hause, die sie an Mithäftlinge weitergab. Waren die Schuhe zu groß, schmuggelte sie unter höchster Gefahr noch Seife und Lebensmittel in den Hohlräumen.

Der Besuch der „Judenrampe“, dem Ankunftsort der Todestransporte in Auschwitz II, von wo es für die Meisten direkt in die nahegelegenen Gaskammern ging, stimmte äußerst nachdenklich und obwohl die Sonne schien, waren alle bei der Besichtigung der vier Krematorien bedrückt.

So viele schlimme Eindrücke wollten verarbeitet werden und deshalb war am Nachmittag ein Workshop angesetzt. Die Workshop-Leiterin Olga erzählte zwar erst knappe 45 min äußerst langweilige und ermüdende Fakten über das Haus, aber nach einer kurzen Erholungspause kamen die Gedanken dann doch noch mal in Schwung.

Unsere Aufgabe war aus 14 Plakaten mit interessanten Fotos und Gedichten, Sprüchen oder Aussagen zu Auschwitz wie „Das Konzentrationslager verkommt mehr und mehr zu einer Touristenattraktion wo man im Schatten der Gaskammern ein Eis isst“ oder der Lebensgeschichte eines Überlebenden der sich nach der Befreiung in Oświęcim ansiedelte, das auszusuchen was uns am meisten bewegte und zu formulieren was es genau war das uns da bewegte.

Der Workshop dauerte am Ende knappe 2 ½ Stunden, war aber äußerst interessant und jeder brachte einen oder mehrere wichtige Gedanken ein, sodass wir am Ende sicher alle Erlebnisse verdaut hatten.

Das Abendessen hatten wir in weiser Voraussicht nach hinten verlegt und gingen erstmal noch eine Runde auf den Rasen. Im strahlenden Sonnenschein begonnen, spielten wir bald im Regen und zuletzt im Hagel bis wieder die Sonne rauskam. Naja… eigentlich war die Sonne immer da, nur kam halt noch von irgendwoher Hagel dazu. So ein Spiel hatten wir schon lange nicht mehr!

Danach ließen wir den Abend beim letzten Lagerfeuer ausklingen – auch nasses Holz brennt! – und stiegen mehr oder weniger spät/früh in die Zelte.

 

Am Dienstag stand dann die Heimreise an. Wie immer verzögerte sich die Abfahrt schlimmer als das Ende von „Wetten dass…“ und nach mehreren erfolglosen Versuchen eine Tankstelle zu finden (Mit Schildern gekennzeichnet und im Navi verzeichnet und trotzdem nicht da! Da wird einem nach 50 km auf Reserve doch anders…) und einem kleinen Stau kamen wir kurz nach 5 wieder in Weixdorf an!

 

Das Wochenende hatte jede Menge Erlebnisse und Eindrücke – schlimme, aber auch schöne – und wird wohl allen noch lange in Erinnerung bleiben!