Völlig unverhofft erreichte mich am Dienstag die Info, dass Vivien mit ihrem bei der MDEM hart erkämpften 5. Platz zur Deutschen Meisterschaft der U20 nachrücken darf. Lisa Pilarski, letztes Wochenende Deutsche Meisterin der U17, startet nicht und Vivien war der Ersatz. Tja soweit so gut, eigentlich ja echt ein Grund zur Freude – aber Vivien befand sich bis einschließlich Freitag im Skiliager in Südtirol und Wiegen sollte Samstag 7:30 Uhr in Herne (Nordrhein-Westfalen) sein… Dienstag abend war dann der Plan gefasst – wir nehmen die organisatorische Herausforderung an und fahren zur DEM U20. Was folgte war ein mittleres Chaos und vor allem Moni hatte jede Meng zu organisieren. Sie schrieb sich eine lange Merkliste, auf der sogar vermerkt war „Antje abholen“ … zum Glück hat sie es so auch nicht vergessen und wir starteten kurz vor 15 Uhr in Dresden. Und jetzt nahm das Chaos seinen Lauf…
Ausgemachter Treffpunkt war Kassel – 2 Autostunden von Herne entfernt – wo Viviens Oma wohnt und wir letztes Jahr schon übernachtet hatten. Moritz sollte aus Hanau mit dem Zug anreisen. Moni und ich aus Dresden mit dem Auto. Vivien sollte nach der Östereichischen Grenze aus dem Bus geworfen werden, von ihrem Onkel (zum Glück hat man ja Deutschlandweit Familie) abgeholt und nach München zum Bahnhof gebracht werden und von dort dann mit dem Zug nach Kassel kommen.
Einzig Moritz erfüllte den Plan. Moni und ich fuhren zum Glück verspätet los und hörten so noch im Verkehrsfunk von der komplett Sperrung der A4 in beiden Richtungen und dass die Nebenstraßen auch schon alle dicht waren. Wir entschieden uns über Freiberg zu fahren und kurz vor Chemnitz wieder zur A4 zu fahren. Auch dort war der Verkehr noch relativ dicht und so eierten wir 2 Stunden über die Dörfer bis wir die A4 erreichten und dann gott sei Dank ohne weitere Zwischenfälle (vom kurz vorm Ziel einsetzenden Scheefall mal abgesehen) Kassel und bekamen noch ein leckeres Abendessen. Auch Viviens Bus kam nur schleppend durch den Verkehr, so dass sie erst 2 Stunden später als geplant den Zug nach Kassel erreichte und erst nach halb 11 in Kassel einschlug und vom Bahnhof direkt ins Bett fiel.
Samstag früh hieß es 5 Uhr aufstehen, 5:30 Uhr Abfahrt. Moni, Moritz, Vivien, Viviens Oma und ich machten uns also auf den Weg. Über Nacht gab es etwa 10cm Schnee und die Fahrt wurde zum absoluten Horror vor allem für Moni. Mit viel Konzentration brachte uns Moni dann mit ca. einer halben Stunde Verpätung sicher am Ziel an. Vivien und ich hasteten zum Wiegen. Doch vorher mussten wir an den Schießhunden am Eingang vorbei. Wir schafften es und eilten zur Waage, wo wir schon erwartet wurden. Obwohl zwar noch ne halbe Stunde Zeit war, war Vivien die einzige Sportlerin, die noch fehlte. Vivien zog gleich den Judogi an und wir frühstückten erstmal und tranken nen Kaffee, denn Kampfbeginn war erst in 90 Minuten.
Beim Kaffeetrinken startete unser großes Nebenprojekt der Deutschen Meisterschaften 2010, denn es gab DEM-Tassen des Ausrichters!!! Und ich sammle doch Tassen von Deutschen Meisterschaften, und seit es auch keine T-Shirts mehr gibt, wurde auch Vivien ganz heiß auf so ne Tasse. Und die Dinger standen zu Hauf am Kaffeestand rum. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Der Plan war klar – den Tassenpfand holen wir nicht zurück – wir behalten die Tassen. Ja haste gedacht. Wir bekamen die Tassen gar nicht, sondern hässliche halbdurchsichtige graue Glastassen. Sonst nehm ich die auch mit, Hauptsache ne Erinnerung, aber die waren so hässlich… wir fragten also, ob wir unseren Kaffee auch aus den schönen Tassen bekommen könnten – nein natürlich nicht. Wir fragten ob wir sie kaufen könnten, der nette Mann fragte nach – NEIN! keine Chance war die Antwort. die Tassen waren nur für die Ausrichter und Offiziellen des DJB gedacht. Tja und wenn man etwas nicht bekommen kann, wird das Interesse ja bekannter weise immer größer. Die nächsten 10 Stunden strichen wir durch die Halle auf der Suche nach so ner herrenlosen Tasse – am besten 2. Nix zu machen, wo eine Tasse war, war auch immer jemand. Wir hatten verschiedene Ideen und Verschwörungstheorien, wie man so eine Tasse stibitzen könnte, waren am Ende aber zu wohlerzogen und fuhren leider ohne Tasse nach Hause und sind immernoch fassungslos, dass der Ausrichter solche Tassen hat, sie aber nicht verkauft. Ein Jammer!
Kommen wir mal wieder zum Wesentlichen. Vivien, war in der Kampfgruppe, die als erstes dran war und so zog auch ich mich um und wir gingen auf die Matte und machten uns warm und beobachteten schonmal alle uns bekannten „Ministars“. Moritz&Moni besorgten in der Zwischenzeit Listen. In der -57kg waren 27 Kämpferinnen. Vivien hatte kein Freilos und stand am Ende der Liste. Wir gingen also zur Eröffnung und Nationalhymne runter in die Halle und blieben bis zu Viviens Kampf auch gleich dort:
Sie musste gegen die DAN-Trägerin Regina Mosch von der Sportschule Kustusch (Württemberg) antreten.
Die Kämpferin war recht groß, ältester Jahrgang U20 und ging mit resolutem Griffkampf ans Werk. Vivien konnte sich recht schnell darauf einstellen und mischte mit. Zwar schaffte sie es meist, den Griff der Schwarzgurtin zu neutralisieren, kam aber selbst kaum zu Ansätzen.
Ich ermunterte Vivien so weiter zu machen und sich ruhig zu trauen. Wir hatten ja schließlich nichts zu verlieren. Das vorher ausgegeben Ziel war wie immer, möglichst lange zu Kämpfen und es der Gegnerin so schwer wie möglich machen.
Und das setzte Vivien gut um, hielt die hälfte der Kampfzeit nicht bloß durch sondern gut Gegen, bevor die Württembergerin einmal mit dem Griff komplett durchkam und sofort zum Harai-goshi ansetzte und Vivien in beieindruckender Weise unter perfektem Einsatz des Zugarms noch 10 cm über der Matte komplett drehte und auf den Rücken beförderte.
Wir zogen uns auf die Tribüne zurück und warteten und hofften, dass Viviens Gegnerin noch zweimal gewinnt, damit Vivien nochmal in der Trostrunde ran darf. Die Gegnerin gewann einmal und verlor den entscheidenden Kampf, wurde dann jedoch letztlich noch Fünfte und um ein Haar sogar Dritte. Unser Glück mit Ko-Systemen wollte also auch heute nicht auftauchen, aber wir nahmen unser Schicksal an, verfolgten weiterhin die Kämpfe und Finals, fieberten für unsere Favoriten mit, die leider nicht immer gewannen und bekamen richtig tolles Judo zu sehen, bei dem am Ende 1 Titel für Sachsen (für Svea Schwäbe in Viviens Gewichtsklasse), 1 Silbermedaille und 1 Bronzemedaille und auch noch ein 7.Platz für Lisa Köberling (gegen die Vivien die letzten Jahre schon sehr oft gekämpft und auch schon gewonnen hat) zu Buche stand.
Halb 8 abends verließen wir dann die Halle und machten uns nach dem obligatorischen Gruppenfoto (wir waren so wenige, also holten wir uns Gesellschaft) auf den Rückweg nach Kassel, wo wir noch einmal nächtigten uns nochmal mit Abendbrot und Frühstück verwöhnen liesen, bevor wir uns Sonntag früh auf dem Heimweg machten – natürlich nicht ohne den Zwischenstopp bei Mcdonalds.
Wie immer ein erlebnisreiches Wochenende mit tollem Judo und viel Spaß.
Zusammenfassung
Name / GK / TN / Kämpfe (ges.-gew.-verl.) / Platz
Vivien Haupt / -57kg / 27 / (1-0-1) / –